Das Takete-und-Maluma-Experiment: Wie Klänge unsere Wahrnehmung beeinflussen
Einblick in die Psycholinguistik und Gestaltpsychologie
Das Takete-und-Maluma-Experiment ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Sprache und Wahrnehmung miteinander verknüpft sind. Bereits in den 1920er Jahren beschrieb der Psychologe Wolfgang Köhler dieses Phänomen und legte damit einen wichtigen Grundstein für die Forschung in der Psycholinguistik und Gestaltpsychologie. Das Experiment zeigt, dass Menschen intuitiv eine Verbindung zwischen Lauten und visuellen Formen herstellen können.
Das Experiment
Wolfgang Köhler: Ein Pionier der Gestaltpsychologie
Wolfgang Köhler wurde am 21. Januar 1887 in Reval (heute Tallinn, Estland) geboren. 1893 zog er mit seiner Familie nach Deutschland und wuchs in Wolfenbüttel auf. Zwischen 1905 und 1909 studierte er Philosophie und Naturwissenschaften in Tübingen, Bonn und Berlin. 1909 promovierte er bei Carl Stumpf mit einer Arbeit zur Tonpsychologie. In den folgenden Jahren arbeitete er als Assistent in Frankfurt, wo er auf Kurt Koffka und Max Wertheimer traf – eine Begegnung, die zur Entwicklung der Gestaltpsychologie beitrug.
Während seiner Zeit als Leiter der Anthropoidenstation auf Teneriffa (1914–1920) führte Köhler Experimente zur Intelligenz von Menschenaffen durch und veröffentlichte 1917 sein einflussreiches Werk „Intelligenzprüfungen an Anthropoiden“. Nach Stationen als Professor in Göttingen und als Direktor des Psychologischen Instituts in Berlin emigrierte er 1935 in die USA. Dort lehrte er bis 1955 am Swarthmore College und später am Dartmouth College. 1958/59 war er Präsident der American Psychological Association. Wolfgang Köhler verstarb am 11. Juni 1967 in New Hampshire im Alter von 80 Jahren.


Köhler präsentierte Versuchspersonen zwei abstrakte Formen:
- Eine spitz-zackige Form
- Eine rund-weiche Form
Er bat die Teilnehmer, diesen Formen die Fantasienamen „Takete“ und „Maluma“ zuzuordnen. Das Ergebnis war erstaunlich einheitlich: Die Mehrheit der Versuchspersonen assoziierte die spitz-zackige Form mit „Takete“ und die rund-weiche Form mit „Maluma“.
Die wissenschaftliche Erklärung
Diese Zuordnung basiert auf phonetischer Symbolik:
- „Maluma“ enthält labiale Konsonanten („m“, „l“) und offene Vokale, was einen weichen, fließenden Klang erzeugt, der mit runden Formen harmoniert.
- „Takete“ hingegen besitzt harte koronale („t“) und dorsale („k“) Konsonanten, die eine kantige, spitze Klangstruktur erzeugen.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Mundbewegung während der Aussprache: Weiche Laute wie in „Maluma“ führen zu einer runden Mundform, während harte Laute wie in „Takete“ den Mund eckiger erscheinen lassen.
Bedeutung und praktische Anwendungen
Der Takete-und-Maluma-Effekt hat vielseitige Implikationen:
- Sprachentwicklung: Das Experiment verdeutlicht, dass Menschen natürliche Verbindungen zwischen Klängen und Bedeutungen herstellen, was für den Spracherwerb von Kindern relevant ist.
- Design und Markenbildung: In der Produktgestaltung und Werbung wird dieses Prinzip genutzt, um gezielt Emotionen zu steuern. Ein weicher Name wie „Maluma“ eignet sich besser für Kosmetikprodukte, während „Takete“ als Name für technische Geräte passender erscheint.
- Künstliche Intelligenz: Die Integration solcher Prinzipien könnte in der Mensch-Maschine-Kommunikation dazu beitragen, intuitivere Schnittstellen zu schaffen.
Ergo
Das Takete-und-Maluma-Experiment liefert einen eindrucksvollen Beweis dafür, dass die menschliche Wahrnehmung auf universellen Assoziationen zwischen Klang und Form basiert. Diese tief verwurzelten Zusammenhänge sind unabhängig von Sprache oder Kultur und zeigen, wie eng unsere Sinneswahrnehmungen miteinander verknüpft sind. In der Sprachwissenschaft, im Design und sogar in der Technologie können die Erkenntnisse aus diesem Experiment wertvolle Anwendungen finden.